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Den Kindheitstraum verwirklicht: Die Arado 96 von Alois Krennmeir

 

 

 

 

Seit den Vierziger Jahren hat Alois Krennmeir keine Arado mehr in Natur gesehen. Das wollte er auf seine alten Tage ändern. Nur: Es gibt kein flugfähiges Exemplar mehr. Also hat er als Pensionist begonnen, das Flugzeug nachzubauen. Heute fliegt es und erregt überall großes Interesse.

 

In Sichtweite vom Bauernhaus der Krennmeiers war im Krieg der Flugplatz Raffelding. Die dort stationierten Flugzegführerschulen verwendeten unter anderem die Arado 96 für die Fortgeschrittenen-Schulung. Bei Gefahr wurden die Flugzeuge auf angrenzende Wiesen verteilt und in Sicherheit gebracht. So kam es, dass kurz nach dem Krieg drei Arado 96 und eine Messerschmitt 110 auf einer Wiese der Krennmeiers liegen blieben und dort auf ihre Verschrottung warteten. Die übergebliebenen Flugzeuge dienten den Volksschülern natürlich als ideale Spielzeuge. Alois hat dieser Eindruck ein Leben lang nicht mehr losgelassen. Als Pensionist hat er seinen Traum dann verwirklicht.

 

Mit dem Fliegervirus infiziert war er also immer schon. Also begann er wie die meisten von uns erst einmal mit Modellflugzeugen. Aus dem Amerikahaus in Linz besorgte er sich Luftfahrtmagazine und entdeckte mit Erstaunen, daß es Amerikaner gibt, die sich ihre Maschinen selbst bauen. Das wollte er natürlich auch.

 

Irgendwie geriet er dann mit Rudi Holzmann und Hubert Keplinger in Kontakt und erfuhr, daß Rudi bereits die ersten Teile seiner Maschine in Arbeit hatte. Daraufhin machte er sich auf die Suche nach „seiner“ Maschine. An eine Arado war schon allein aus finanziellen Gründen nicht zu denken, denn sie flog im Original mit Motoren von 240 bis 465 PS und entsprechenden Preisen. Diese gab es nicht mehr und Baupläne auch nicht. Also mußte ein anderes Flugzeug her.

 

Im Lauf der Jahre wurden verschiedene Modelle begutachtet und wieder verworfen, unter anderem ein Nachbau des berühmten Jagdflugzeuges Focke Wulf 190 im Maßstab 1:2. Auch die Emeraude wurde es nicht. Letztlich ist er bei der Pottier P 50 gelandet, einem französischen Einsitzer, der als Selbstbauflugzeug konzipiert und mit oder ohne Einziehfahrwerk herzustellen war. Aber „über das Einziehfahrwerk habe ich mich nicht drübergetraut.“  Die Pläne kaufte er bei Jean Pottier in Frankreich um „keine tausend Schilling“. Die Übersetzung ins Deutsche besorgte ein Fliegerkollege aus Deutschland.

 

Ab dann zog sich die Sache in die Länge, es mußten Berechnungen angestellt, manche Passagen genauer übersetzt, Werkzeug besorgt und die Pläne eingehend studiert werden. Damit vergingen bis zum Baubeginn zwei Jahre. Endlich ging es los. Immer wieder mußte er mit Einzelteilen zu einem benachbarten Tischler gehen, der natürlich besser mit Maschinen ausgerüstet war als Alois auf seinem Bauernhof.  Achteinhalb Jahre nahm der Bau in Anspruch.

 

Die elektrische Anlage machte Hermann Eigner, der gerade an seiner Polliwagen arbeitete, die Lackierung Ernst Schobersberger und den Motorträger die Fa. Brditschka. Dann wurde die Maschine mit einem Continental O-200 ausgerüstet, der damals an die 18.000,- DM kostete. Den Erstflug im Jahr 1991 übernahm der in der Branche berühmte und mit Spornradfliegern erfahrene Josef Ecker aus Wels. Die Pottier erwies sich fliegerisch als „Delikatesse“ und sie hat ihrem Eigentümer nie irgendwelche Probleme bereitet. Nach 600 Flugstunden schenkte er sie im Jahr 2018 seinem Enkel Michael (einem Berufspiloten), der sie in Scharnstein stationierte.

 

Aber die Arado hatte ihm keine Ruhe gelassen. Als ihm sein Freund Ernst Schobersberger erzählte, daß er im Rentenalter noch mit dem Bau eines Flugzeuges begonnen hatte, fing er wieder Feuer. Im Jahr 2000 versuchte er, den Traum irgendwie zu verwirklichen.

 

Zusammen mit seinem Sohn Hannes arbeitete er 13 Jahre an der Lösung der zunächst unmöglich scheinenden Aufgabe. Der originalgetreue Nachbau in herkömmlicher Alu-Bauweise kam ohnehin nicht in Frage, daher verkleinerte Alois das Modell auf 80 Prozent der ursprünglichen Größe und brachte es damit in eine Dimension, mit der auch Motoren fertig werden, die man sich leisten kann.

 

In diesem Fall hatte er nicht sehr viel Auswahl, weil die Motorhaube auf einen hängenden V- oder Reihenmotor ausgelegt ist. Da bot sich eigentlich nur der LOM 137 A an, ein tschechischer Reihen-Sechszylinder mit 180 PS, der heute noch hergestellt wird. Den Propeller bezog er von der Firma Avia in Prag, die inzwischen dem deutschen Hersteller Mühlbauer gehört. Er hat die typischen Windflügel am Spinner (System Argus). Anfangs war Alois dem Motor skeptisch gegenübergestanden, aber das hat sich geändert: Er hat mit ihm nur gute Erfahrungen gemacht, vor allem, was Startverhalten und Laufruhe betrifft.

 

Mit dem Bau von Holzflugzeugen war Alois bereits hinreichend vertraut und so lag es nahe, die Arado auch in Holz zu bauen. Anstelle von Plänen hatte er nicht mehr als ein einziges Zeichnungsblatt „tschechischen Ursprungs“ mit aufgedruckten Maßen sowie Betriebs-, Wartungs- und Ersatzteil Handbuch. Damit und mit Schnitt-Zeichnungen und Dreiseiten-Ansichten aus der Modellbau-Zeitschrift „scale“ begannen die Club-Kollegen Alfred Glatzmeier und Bernhard Rögner erste Pläne zu zeichnen und die notwendigen Berechnungen vorzunehmen, die Alois und sein Sohn dann verwirklichten.

 

Das Flugzeug entspricht nur in der äußeren Form dem (maßstäblich verkleinerten) Original. Das Innenleben musste komplett neu entworfen werden. Die Zelle ist auf eine Belastung von 4,4 g ausgelegt und hat die geforderten Werte im statischen Test auch ausgehalten. Der Rumpfquerschnitt ist oval und die Oberfläche ist sphärisch gebogen, was die Beplankung mit Sperrholz zu einer handwerklichen Herausforderung macht. Die in der Flügelnase untergebrachten Tanks fassen zusammen 100 Liter.

 

Das Einziehfahrwerk und dessen Mechanik und Federbeine stammen von einer Piper Seneca. Es kommt dem Original optisch sehr nahe. Für die Elektrik zeichnete wieder Hermann Eigner verantwortlich und die weitestgehend originalgetreue Lackierung besorgten Ernst Schobersberger und Sepp Baumgartner. Im Jahr 2013 hob Josef Ecker in Wels zum Erstflug ab.

 

Alois ist mehr als stolz auf die späte Erfüllung seines lebenslangen Traumes. Er ist der reine Amateur, denn beruflich hat er nie anderes betrieben als Landwirtschaft. Bis in die siebziger Jahre mit Viehhaltung; seither produziert er Weizen, Zuckerrüben und Gemüse. Wahrscheinlich mit seinen Gedanken immer ein bißchen bei der Fliegerei...

 

...und wenn man etwas wirklich will, dann gelingt es einem eines Tages auch.

 

 

Die Maschinen

 

Kennzeichen: OE-AAK

Type: Pottier P 50

Max. Abfluggewicht: 560 kg

Spannweite: 6,4 m

Bauweise: Holz

Motor: Continental O-200

Hubraum: 200 in3 = ca. 3,3 l

Treibstoffverbrauch: 22 l/h

Leistung: 100 PS

Propeller: Mühlbauer elekt. Constant Speed

Erstflug: 14. April. 1991

 

Kennzeichen: OE-ARA

Type: Arado 96 BN

Max. Abfluggewicht: 870 kg

Spannweite: 9 m

Bauweise: Holz

Motor: LOM 137 A

Hubraum: 6 l

Treibstoffverbrauch: 35 l/h

Leistung: 180 PS

Propeller: Avia, verstellbar

Erstflug: 26. April 2013